Fast Fashion – Slow Fashion Die neue Fast Fashion Ausstellung im Rautenstrauch Joest Museum in Köln

Als Fair Fashion Label sind wir konstant mit dem Thema Nachhaltigkeit konfrontiert: Welches Design am wenigsten Verschnitt – und im Bestfall zero waste – verursacht, wo man einen weiteren Produzenten findet, der Fairtrade und GOTS zertifiziert ist, wie man auf der Salestour sämtliche Fußabdrücke minimiert und welche neuen Papiertüten man am besten einkaufen sollte. Dabei ist man so viel in Netzwerken unterwegs und steht mit Gleichgesinnten im Austausch, dass man manchmal schlichtweg vergisst, dass wir uns immer noch in einer Nische befinden – und Fast Fashion der Mainstream ist. Die allbekannte Slow Fashion Blase, in der man das Gefühl hat, dass das allgemeine Konsumumdenken schon so viel weiter fortgeschritten ist, als es tatsächlich der Fall ist.


Die gute Nachricht: die Anzahl derer – Brands wie Privatpersonen – die sich mit der Problematik des Fast Fashion Phänomens auseinandersetzen, ist in den letzten zehn Jahren tatsächlich immens gestiegen. Die schlechte Nachricht? Der Anteil, den ökologische, faire Mode am Weltmarkt ausmacht, liegt mit knapp 2% immer noch deutlich in der wirtschaftlichen Marginalität.


Das vorletzte Wochenende war für uns daher eine sehr willkommene Gelegenheit, sich wieder intensiver mit der Schnelllebigkeit, den Trendmustern und Konsequenzen der Fast Fashion Industrie auseinanderzusetzen: Gemeinsam mit der VHS Köln und der Frauenrechtsorganisation Femnet, bei der wir uns privat und als Label engagieren, konnten wir in und mit der Fast Fashion Ausstellung einen ganztägigen Workshop halten, für den uns das Rautenstrauch Joest Museum nicht nur die Location zur Verfügung gestellt hat, sondern die Kuratorin direkt mit dazu.


Dabei leistet die Fast Fashion Wanderausstellung zur Schattenseite der Textilindustrie mit ihren vielfältigen Impulsen und Ausstellungsstücken etwas, das kein Workshop alleine bieten kann: Eine umfangreiche Einsicht in die komplexe, vielschichtige Modewelt, die sämtliche Themenbereiche anreißt, mit Beispielen in die Tiefe geht, Übersichten schafft und Schlaglichter wirft. Vom Aralsee über Demonstrationen in Dhaka, Shoddy und Altkleiderwirtschaft, Chemiekalieneinsätze, Katastrophen wie Rana Plaza und Arbeitsbedingungen in Osteuropa bis hin zu Marketingpsychologie, Massenproduktion und Inflluencern mit ihren neuesten Haul-Videos.


Bei so viel Input über das Thema Fast Fashion ist man schnell wieder auf dem Boden der Tatsache – und raus aus der Blase. Innerhalb weniger Jahrzehnte ist eine gesamte Branche zu etwas mutiert, das man sich eigentlich nicht ausmalen kann: 12-25 Kollektionen pro Jahr sind die Norm, die Produktionszeiten sind auf 14 Tage geschrumpft, allein in Deutschland geben wir jährlich über 72 Mrd. Euro für Bekleidung aus. Mehr als 60% unserer Kleidung besteht aus Plastik, 40% unserer Kleidung wird neu in den Müll geworfen und im Durchschnitt tragen wir unsere Kleidungsstücke ganze vier Mal. Wir besitzen mittlerweile doppelt so viel wie noch vor zwei Jahrzehnten, aber haben längst aufgehört, Dinge wirklich zu nutzen.


Genau darauf baut die Wirtschaft auf. Sachen werden nicht mehr zum Tragen produziert, sondern nur für einen einzigen Grund – um verkauft zu werden. Wer unter dem Fast Fashion Trend leidet, ist offensichtlich. Näherinnen, die gerade mal 12 Cent pro Bluse verdienen, der Aralsee, der vom größten Binnengewässer auf ein Zehntel seiner Größe geschrumpft ist, Märkte in Entwicklungsländern, die durch das Altkleidergeschäft geflutet und zerstört werden.


Doch die Fast Fashion Ausstellung lässt uns nicht mit den negativen Aspekten alleine, sondern zeigt mit der Slow Fashion Seite, dass es immer schon nachhaltige Produktionen gegeben hat, die im Einklang mit Mensch und Umwelt steht. Durch den ethnologischen Fokus des Rautenstrauch Joest Museums findet man hier vor allem traditionelle Ansätze aus aller Welt, die alte Handwerkskunst zeigen – und die einem vor Augen führen, welche Intention, welchen Wert Kleidung eigentlich hat.


Nicht nur durch den voll besetzten Workshop, sondern auch die hohen Besucherzahlen der Fast Fashion Ausstellung und die vielen interessierten, tiefgehenden Fragen, bleibt für uns von diesem Wochenende sehr viel Motivation zurück.


So klein die Slow Fashion Welt auch sein mag: Unsere Bewegung gegen den Fast Fashion Trend wird immer größer.

 



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Alle Bilder wurden uns mit freundlicher Genehmigung
vom Rautenstrauch Joest Mueseum zur Verfügung gestellt. 
Fotocredits: Taslima Akhter